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Ein Deutscher in Moskau

Česko

Ein deutscher Ingenieur verspricht die Rettung des Strassenverkehrs in Moskau

Stau gehört in Moskau zum Alltag. Das russische Statistik-Institut IRN hat ausgerechnet, dass jeder Autofahrer monatlich elf Stunden im Verkehr feststeckt. In vier Jahren, so die Befürchtung der Stadtregierung, bricht der Verkehr in der Millionenmetropole vollends zusammen. Doch jetzt gibt es jemanden, der behauptet, er könne den Kollaps nicht nur verhindern, sondern die Stadt gar in eine Grünanlage verwandeln - in der dann drei Mal so viel Autos fahren könnten wie bisher. Roland Lipp heisst dieser Mann, ein Professor der Ingenieurswissenschaften aus Brandenburg.

In seinen Skizzen stellt Lipp die Stadt auf den Kopf. Unten flanieren Fussgänger durch Parkanlagen und sitzen in Strassencafés. Oben, auf den Dächern der Bürogebäude und Shoppingzentren, fahren Autos. In den Etagen unter der Dachstrasse befinden sich kilometerlange Parkgaragen. Von dort aus erreichen die Menschen per Fahrstuhl ihre Büros und Wohnungen in den unteren Geschossen. Autofreie Grünanlage „Strassenhaus“ nennt Lipp seine Kästen, die an futuristische Konzepte aus den fünfziger Jahren erinnern. Um sein Gedankenexperiment zu folgen, ist viel Phantasie nötig. Er will in seiner neu entwickelten Stadtstruktur alle rechten Winkel abschaffen. Die Fahrbahnen hat er als Einbahnstrassen auf mehreren Ebenen mit kreisrunden Abfahrten konzipiert. So soll alles im Fluss bleiben. Denn Kreuzungen und Ampeln erhöhen bei hoher Verkehrsdichte das Staurisiko, erklärt Lipp. Das bestätigt der russische Physiker Igor Lubaschewskij von der Akademie der Wissenschaften: Moskau verwandle sich zu Stosszeiten „in einen einzigen Stau“, wie er sagt. Schuld daran sei die radiale Stadtstruktur. Im Zentrum der Zwölf-Millionen-Stadt konzentrieren sich die Büros und Läden. Die meisten Menschen leben in Wohnblöcken am Stadtrand. Deswegen führen die Hauptverkehrswege wie Zeiger einer Uhr von innen nach aussen. Ringstrassen sollen den Verkehr um das Zentrum herumleiten. Doch wo sich Hauptverkehrsstrassen und Ringstrassen treffen, staut es sich.

Mit seinen Strassenhäusern, so rühmt sich Lipp, will er auch den Immobilienmarkt sanieren. Moskaus Immobilienpreise zählen zu den höchsten Europas, denn der Bauplatz ist knapp. Dieses Argument hat Bürgermeister Jurij Luschkow hellhörig gemacht. Im vergangenen Jahr hat er eine Arbeitsgruppe einberufen, in der auch Lipp regelmässig zugegen ist. Gemeinsam mit den deutschen Firmen Siemens und Knauf präsentierte er im Februar das Konzept dem Stadtparlament. Eine Anfrage bei der Stadtverwaltung läuft. Jetzt wartet er gespannt auf die Ergebnisse.

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